Feedbackkultur
Im Zeitalter der agilen Arbeitswelt wird von immer mehr Unternehmen die Bedeutung einer Feedbackkultur hervorgehoben. Flache Hierarchien und der Trend zu Großraumbüros sollen eine Kultur der Offenheit und des Miteinanders fördern. Für eine offene Unternehmenskultur ist Feedback ein wichtiges Instrument, damit Mitarbeiter*innen ihre Stärken und Talente besser entfalten können.
Eine Feedbackkultur entsteht aber nicht von heute auf morgen, sondern ist mit einer Organisationsentwicklung verbunden, was einiges an Zeit und Aufmerksamkeit seitens der Führung erfordert.
Auch bei der Belegschaft ist ein hohes Maß an Selbstreflexion und die Bereitschaft, sich persönlich weiterentwickeln zu wollen, immens wichtig. Da agile Strukturen im Unternehmen immer mehr Teamarbeit erfordern, kann eine gute Feedbackkultur die Kreativität und den Innovationsgeist in Teams beflügeln, während fehlendes bzw. destruktives Feedback zu zwischenmenschlichen Spannungen, Widerständen und im schlimmsten Fall zum Stillstand des Unternehmens führen kann.
Doch was steckt hinter dem Begriff „Feedback“? Wie kann ich als Führungskraft eine Feedbackkultur fördern? Welche Regeln sind beim Feedbackgeben zu beachten? Wie kann ich meine Mitarbeiter*innen dazu ermutigen, mir als Führungskraft und sich gegenseitig Feedback zu geben?
Der Begriff Feedback
Wörtlich übersetzt heißt Feedback „Rückfütterung“. Eine Person wird mit etwas rückgefüttert, was sie von sich gegeben hat. Das klingt im ersten Moment unappetitlich, ist es aber nicht, denn die Rückfütterung hat eine entscheidende Bedeutung darauf, wie erfolgreich diese Person ist und welche Wirkung sie auf andere Menschen hat. Das Modell des Johari-Fensters, das von den beiden amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelt wurde, veranschaulicht, worum es bei Feedback geht: Während ein Teil meiner Persönlichkeit mir und anderen bekannt ist – das kann zum Beispiel ein ersichtliches äußeres Merkmal wie meine Haarfarbe sein – gibt es einen Teil meiner Persönlichkeit, der mir nicht, aber anderen bekannt ist. Dies kann zum Beispiel eine Begabung sein, die mir nicht bewusst ist, oder auch ein störendes Verhalten wie beispielsweise, anderen ins Wort zu fallen. Je größer dieser blinde Fleck ist, desto weniger habe ich eine realistische Einschätzung, welche Wirkung ich auf andere Menschen habe und worin meine Begabungen und Talente bestehen. Menschen, die sich regelmäßig Feedback geben lassen, können sich persönlich weiterentwickeln, da ihr blinder Fleck sich verkleinert und ihre Selbst- und Fremdwahrnehmung besser übereinstimmen. Dies setzt voraus, dass sowohl Feedbackgeber als auch Feedbacknehmer wissen, wie Feedback als Instrument im Arbeitsalltag richtig eingesetzt wird.
Feedbackregeln
Beim Feedbackgeben sind folgende Regeln für den Feedbackgeber zu beachten:
Feedback muss
- sachlich sein
- konkret sein
- beschreibend und nicht bewertend erfolgen
- auf Beobachtungen bezogen sein
- zum richtigen Zeitpunkt gegeben werden
- erbeten und nicht aufgezwungen sein
- ohne moralische Verurteilung gegeben werden
- die Bedürfnisse des Gegenübers berücksichtigen
Für den Feedbacknehmer gilt, nur zuzuhören und bei Unverständnis nachzufragen, aber sich nicht zu rechtfertigen.
Auch wenn die Feedbackregeln auf den ersten Blick einfach erscheinen, zeigt uns die Praxis oftmals ein anderes Bild. Feedback wird oftmals mit Kritik vermischt und wir bewerten unser Gegenüber.
Doch diese Bewertungen führen zu Blockaden in der Kommunikation und unser Gegenüber fühlt sich angegriffen und zurückgesetzt. Eine reibungslose und fortlaufende Kommunikation auf der Erwachsenenebene ist dann nicht mehr möglich. Das verloren gegangene Vertrauen muss mühselig wieder aufgebaut werden.
Ermutigung zum Feedbackgeben
Das regelmäßige Einholen von Feedback ist ein wichtiger Bestandteil in der Führungsarbeit. Durch das Feedback ihrer Mitarbeiter*innen ist es der Führungskraft möglich, gezielter auf die Bedürfnisse ihres Teams einzugehen und eine gute Teamatmosphäre zu schaffen. Dies erfordert seitens der Führungskraft, sich neben der täglichen Arbeit auch Zeit und Raum zu nehmen, um das Instrument des Feedbacks im eigenen Team zu leben. Grundvoraussetzung dabei ist, dass die Führungskraft und ihre Teammitglieder in der Anwendung des Instruments des Feedbacks geschult werden, denn nur bei richtiger Anwendung können sich auch Erfolge einstellen. Doch die viele Arbeit lohnt sich, denn Teams, in denen eine Feedbackkultur gelebt wird, sind erfolgreicher, leistungsfähiger und kreativer und arbeiten mit größerer Freude und Motivation.
Voraussetzung für eine Feedbackkultur
Um eine Feedbackkultur im Unternehmen oder in Teams zu fördern bzw. zu etablieren, braucht es folgende Voraussetzungen:
- Die Führungskräfte und Mitarbeiter*innen verfügen über das notwendige Wissen, wie Feedback angewendet wird
- In regelmäßigen Stand-up-Meetings oder Jour Fixes geben sich die Mitarbeiter*innen regelmäßiges Feedback
- Die Führungskultur ist geprägt durch ein Miteinander und das Feedbackgeben steht im Führungskreis auf der Tagesordnung
- In regelmäßigen Mitarbeiter*innen-Befragungen wird das Stimmungsbild der Belegschaft erhoben und in weiterer Folge werden in Workshops gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen Maßnahmen abgeleitet
- In Teamworkshops arbeitet das Team in regelmäßigen Abständen mit seiner Führungskraft an der Verbesserung ihrer Kommunikation und teambildende Maßnahmen sollen den Teamgeist und die Selbstreflexion im Team fördern
- Bei der Einstellung neuer Mitarbeiter*innen und Führungskräfte wird verstärkt auf die Sozialkompetenz geachtet
- Die Unternehmenswerte sind für alle Mitarbeiter*innen und Führungskräfte sichtbar und werden in der täglichen Arbeit eingefordert und gelebt
- Eine Misstrauenskultur wird von einer Anerkennungs- und Wertschätzungskultur abgelöst
Vertrauen als Grundlage des Erfolges
Vertrauen ist die Basis für jede Form von Beziehung und somit auch der schnellste Weg in der Kommunikation. Vertrauen entsteht überall dort, wo wir uns ausreichend Zeit für das Miteinander nehmen und wir uns mit gegenseitigem Respekt und Wertschätzung begegnen. Eine Feedbackkultur lebt vor allem vom direkten Kontakt und stößt in der derzeitigen Situation, in der vorwiegend virtuell kommuniziert wird, an ihre Grenzen. Gerade jetzt, wo großteils im Homeoffice und damit auf Distanz gearbeitet wird, braucht es nach Corona wieder mehr Zeit und eine intensive Pflege der zwischenmenschlichen Beziehungen, um das Vertrauen zu festigen.
Jene Betriebe, die in ihre Feedbackkultur investieren, werden langfristig erfolgreicher und innovativer sein und zukünftige Herausforderungen besser meistern können.